„Das Jobcenter setzt mir zu“, sagt Ingrid Ehrlicher, deren tatsächlicher Name anders lautet. „Einmal heißt es, ich dürfe etwas dazuverdienen, dann wieder nicht.“ Dieses Deutsch in den Formularen, das verstehe doch keiner, so die Beratungskundin der Caritassozialdienstes. Frau Ehrlicher ist eine von 398 Frauen, die den Dienst 2015 in Anspruch nahmen. Durch eine Krankheit ist sie schon lange arbeitslos, auch ein 400-Euro-Job fällt deshalb schwer. Sie ist heilfroh, dass sie in der Kommunikation mit dem Amt Hilfe bei ihrer Caritas-Beraterin findet.
„Unsere wichtigsten Tätigkeiten sind die Beratung zu Sozialleistungen, die Durchsetzung von Ansprüchen und die Unterstützung beim Schriftverkehr“, so Dagmar Finke. Oftmals, so die Teamleiterin des Caritassozialdienstes (CSD), kommen Menschen in finanziellen Notlagen. Ihnen wird dann häufig eine Kundenkarte bei der Tafel empfohlen. Geht aber eine Waschmaschine oder Ähnliches kaputt, stehen zum Beispiel Spendenmittel der BNN-Aktion „Wir helfen“ zur Verfügung.
Im Gespräch mit den Kunden stellen sich häufig auch private Probleme heraus, etwa in der Beziehung, die zusätzlich belasten. Auch hier kann das fünfköpfige Team oft helfen – oder andere Einrichtungen vermitteln. Einige Kunden suchen nur eine Kurzberatung, andere kommen fünf- bis sechsmal in das Beratungszentrum, manche jedoch auch jahrelang immer wieder. Für sie ist der Sozialdienst der Caritas ein soziales Netzwerk.
Auch Ingrid Ehrlicher sucht seit vielen Jahren bei Problemen den CSD auf: „Am Anfang habe ich einfach mal ein Gespräch gebraucht“, erinnert sie sich. „Mein Kind war damals schwierig, ich war alleinerziehend, aus der Familie bekam ich wenig Unterstützung.“ Bei der Caritas sei ihr jedes Mal geholfen worden. „Frau Ehrlicher nimmt unsere Hilfe zur Selbsthilfe wunderbar an“, freut sich Beraterin Finke. „Wir besprechen, wie ein Schreiben ans Amt auszusehen hat, sie macht sich Notizen und schreibt es dann selbst.“
Wohnungsprobleme sind ein weiteres großes Thema für Dagmar Finke und ihre Kolleginnen. Viele der Kunden lebten sehr beengt oder in Altbauten mit Schimmelbefall. Ältere Flüchtlinge hätten fast keine Chance, allein eine Bleibe zu finden. „Denen stellen wir Begleiter zur Seite“, so Finke.
Ihre Einrichtung ist ein Basisdienst mit niederer Schwelle, für Menschen aller Konfessionen und Nationalität ansprechbar, mit offener Sprechstunde und guter Vernetzung zu anderen Caritas-Diensten wie etwa Schuldnerberatung. Der kirchliche Dienst wird zum Teil auch von der Stadt bezuschusst, durch die aktuellen Sparmaßnahmen künftig wohl mit 50 000 Euro weniger pro Jahr. Das geht zulasten der beratungsbedürftigen Menschen. Ein schlechter Zeitpunkt, denn die Zahl der Senioren in Armut, obwohl bisher gleichbleibend, wird sich nach Schätzung von Dagmar Finke durch den demografischen Wandel künftig spürbar erhöhen.
BNN, Nina Setzler