oto: GMDoll-Stiftung/Ingrid Vollmer
Mit Tüten voller Mahnungen kommt eine 65-jährige Karlsruherin zu Marek Schneider und ist den Tränen nahe. Nach dem Tod ihres Mannes steht sie vor einem Schuldenberg. Marek Schneider von der Schuldnerberatung, die die Caritas Karlsruhe als eine der wenigen bundesweit speziell für Senioren anbietet, hilft ihr. Möglich macht das die Gertrud-Maria-Doll-Stiftung (GMDS), die das Projekt seit 2020 bis Ende 2023 mit rund 150 000 Euro unterstützt. Die Förderung endet nächstes Jahr und das Angebot steht auf der Kippe.
Sozialpädagoge Marek Schneider ist für ältere Menschen in kritischen finanziellen Situationen in zweierlei Hinsicht eine Stütze: er sorgt für einen Überblick über Einnahmen und Ausgaben, gibt Ratschläge zum Schuldenabbau und den Menschen in diesen psychisch schwierigen Situationen Halt. "Die meisten älteren Menschen leiden sehr unter der Situation und haben Angst" weiß Schneider aus der Beratung. Caritas-Vorständin Susanne Rohfleisch sagt: "Viele Ältere versuchen, es erst mal allein zu schaffen. Das Thema Schulden ist doch sehr schambesetzt."
35 Frauen und Männer hat Marek Schneider im vergangenen Jahr betreut. Tendenz steigend. Ob er das Ende 2023 noch kann, steht in den Sternen. Otto Vogel, Vorstand der GMDS, findet deutliche Worte: "Unsere Förderung dafür wird Ende 2023 auslaufen. Unsere Stiftung will in diesem Bereich nicht länger die Stadtkasse subventionieren. Die öffentliche Hand muss hier - wie andernorts mit dem 1.000-fachen Einsatz - ihre Hausaufgaben machen." Laut Susanne Rohfleisch kann dieses Angebot durch die Finanzierung einer Personalstelle bestehen bleiben. "Wir sprechen hier von 75 000 Euro im Jahr", sagt Vogel. "Hochkultur, Verkehr und Sport sind wichtig, auch Großprojekte. Daseinsfürsorge für Schwache ist es aber auch." Vogel will die Stadt in die Pflicht nehmen: "Menschen am Lebensabend, die in Überschuldung geknebelt sind, und das in Zeiten gesteigerter Teuerung, brauchen Hilfen für neue Perspektiven."
Die Zahl der Hilfesuchenden in Karlsruhe steige stetig an. Marek Schneider geht auch schon mal in Pflegeheime oder macht Hausbesuche bei nicht mehr mobilen Senioren, die überschuldet sind. Er legt mit ihnen "Schuldenordner" an und sucht mitunter mit Hilfe juristischer Beratung Auswege. Die reichen von Sparmaßnahmen und Schuldenrückzahlungen bis hin zur Insolvenz der Betroffenen. "Eine Stadt wie Karlsruhe muss Menschen an ihrem Lebensabend die Teilhabe an der Gesellschaft möglich machen. Dazu gehört auch, dass sie bei Überschuldung Hilfe erhalten", fordert Susanne Rohfleisch.
Info:
Die Gertrud-Maria-Doll-Stiftung wurde 2015 aus dem hinterlassenen Vermögen der Stifterin Gertrud Maria Doll, der Witwe des Karlsruher Bauunternehmers Fridolin Doll, gegründet. Stiftungszweck ist die Unterstützung alleinerziehender Mütter und ältere Menschen in finanziell schwierigen Lebenslagen, was die Stifterin in ihrem Testament als letzten Willen festgehalten hat. Seit 2016 wurden rund 1,5 Millionen Euro Fördermittel zugewendet.
Kontakt: Email: mail@doll-stiftung.de
Ingrid Vollmer, ivo-press